oder: Ein Schriftsteller auf Abwegen - Hades steckt in jedem von uns 1.Szene Orpheus allein am Schreibtisch O.: Hermes hat gesagt, das Manuskript müsse in zwei Wochen fertig sein! Wie soll ich das schaffen? Ich weiß noch nicht einmal, wie Kalós und Kakés ihren Streit begraben sollen, geschweige denn, ob Mallia jetzt braune Locken oder blonde, glatte Haare hat! Wenn sie doch nur mit mir sprechen würden. Wenn sie mir sagen könnten, wie ihre Geschichte aussehen soll! Aber freilich kenne ich sie besser als sie sich selbst, schließlich habe ich sie erschaffen! Wie wunderbar es doch wäre, in ihrer Welt leben zu können! Mit Oneiro über die sieben Weltmeere zu schippern oder mit Potó einen Kaffee trinken zu gehen! Wenn ich hier am Scheibtisch sitze, fühlt es sich hin und wieder für einen Moment so an, als wäre alles möglich.
er steht auf und tritt nach vorn Wäre doch auf der Welt alles so wie ich's erzählt dann gäb's kein' Krieg und keine Sorgen keinen Streit und keine Ungeheuer. Es gäb' keine Zeit, kein Morgen hinter jeder Ecke ein neues Abenteuer. Jeder könnt' so Leben, wie er's für richtig hält Genug Liebe gäb's für jeden auf der Welt. es klingelt an der Tür Ist das Eurdike? Wollte sie nicht bis zum Abend bleiben? er sieht auf die Uhr Himmel, es ist ja schon fast Mitternacht, ich habe mich wohl in der Zeit geirrt und den ganzen Abend geschrieben! Nun, zumindest bin ich weiter gekommen mit dem Buch und habe etwas Sinnvolles erledigt. er öffnet die Tür und begrüßt Eurydike, die Ausgehkleidung trägt und offenbar durch den Regen gelaufen ist E.: glücklich Orpheus, du glaubst nicht, was das für ein Konzert war, sie haben vier Zugaben gegeben! Schade, dass du nicht dabei warst, es hätte dir gefallen! Persephone war auch begeistert! Wir sind gerade den ganzen Weg von der U-Bahn durchs Gewitter gerannt, schau, ich bin pitschnass! lächelt breit O.: Das klingt aber nicht so schön, wenn es so nass draußen war. Ich habe meinen Abend mit Schreiben verbracht - ich denke, ich schaffe das mit der Abgabefrist. Außerdem habe ich noch zwei Figuren eingebaut, eine ist genau wie du! Sie heißt Timia und - E.: Du hast den ganzen Abend geschrieben? Du warst gar nicht draußen? War das nicht irgendwie trübe? O.: Nein, gar nicht! Es wäre trübe, hätte ich durchs Gewitter gemusst, aber stattdessen bin ich mit Oneiro quer durchs Mittelmeer gefahren und habe den Streit zwischen Kalós und Kakés geschlichtet! Ich habe mein eigenes Abenteuer erlebt, und bin dabei nicht einmal nass geworden! E.: Das klingt traurig, Orpheus, dass du es als Abenteuer bezeichnest, den ganzen Abend hier an deinem Schreibtisch zu sitzen! Aber gut, wenn es dich glücklich macht, bin ich es auch. Du solltest jedenfalls nächstes Mal mitkommen! Ich werde jetzt erstmal meine Haare föhnen. Gut' Nacht, und mach nicht mehr zu lange, ja? sie küsst ihn auf die Wange und geht ab. O.: Traurig? Ich fände es eher traurig in dieser trüben grauen Welt meine Freude in den Gewitterpfützen finden zu müssen und keinen Ausweg daraus zu haben. Bin ich froh, dass ich die Tür zu einer schöneren Welt kenne. schaut nachdenklich auf seinen Schreibtisch. Er steckt sein Manuskript ein und geht ab. 2.Szene Orpheus und Hermes am Wohnzimmertisch, Hermes liest im Manuskript O.: Begeistert und aufgeregt Ich habe noch zwei neue Figuren eingebaut, Timia ist eine davon, sie erinnert mich an Eurydike. Immer unternehmungsfreudig und sieht das Gute in den Menschen. Wie findest du sie? Und Oneiro fährt immer weiter über die Meere - ich dachte, das sei eine gute Metapher für die Zeit, in der wir - H.: unterbricht ihn und lacht Stopp, Stopp, ja, das ist wirklich ein sehr guter Text, Orpheus, du weißt, ich mag alles was du schreibst, aber dennoch muss es bis in 14 Tagen fertig sein, da will der Verlag das vollständige Manuskript - schaffst du das? O.: Ja, ich denke schon, das wird aber reichlich Arbeit, ich wäre dankbar, wenn wir es ein wenig hinauszögern könnten. Ich habe so wenig von Eurydike in letzter Zeit, sie war gestern auch allein unterwegs. H.: Nein, tut mir leid Orpheus, das geht nicht, in zwei Wochen oder gar nicht, sonst suchen sie sich jemand anderes, und das war es dann. Das willst du doch nicht, oder? O.: Nein, das ist wahr, aber - H.: Hör zu Orpheus, du bist ein wirklich sehr talentierter Schriftsteller und ich kenne deine Texte jetzt seit Jahren. Ich weiß das, wir alle müssen Kompromisse eingehen für unsere Arbeit - aber wenn Eurydike dich wirklich liebt, versteht sie das. O.: Ja, vermutlich hast du recht. Danke, Hermes ich weiß deine Arbeit und unsere Freundschaft wirklich zu schätzen. H.: Gut, dann rechne ich in 14 Tagen mit dem Manuskript? Ich werde dann wieder hier sein, um 10 Uhr, ist dir das recht? sie gehen zur Tür O.: Ja, das ist gut. Danke dir, Hermes, und einen schönen Tag noch! Hermes geht ab. Orpheus winkt ihm noch, schließt die Tür hinter ihm und setzt sich an seinen Schreibtisch. O.: Zwei Wochen habe ich also Zeit. Das wird Eurydike nicht gefallen. Aber Hermes hatte recht, wenn sie mich liebt, dann wird sie das akzeptieren. Was wäre ich schließlich ohne das Schreiben? er hält bestürzt inne Was ist ein Autor ohne das Schreiben? Was ist ein Brot ohne Mehl? Was ist Schmerz ohne Leiden? Nie ganz, weil etwas fehlt. Es geht nicht ohne ich wäre nichts, wenn ich nicht schriebe wäre ich nicht. lehnt sich über sein Manuskript Timia könnte ja auch eine Prinzessin sein! Ja, in einem herrschaftlichen Schloss, erlebt aber nachts immer Abenteuer, klettert aus dem Fenster und besiegt Ungeheuer, ohne, dass es jemand weiß, weil ihr das Leben als Prinzessin zu langweilig ist! Ja, das würde Eurydike auch machen! Sie würde einfach ihre Stiefel anziehen und losmarschieren. Timia und Oneiro könnten sich bei einem solchen Abenteuer auch treffen und Freunde werden! Ja, sie ist der Grund warum er sein Schiff verlässt und in die Welt hinaustritt! Schreibt fieberhaft begeistert los Eurydike kommt gerade zur Tür herein und zieht Schuhe und Mantel aus E.: Na, wie war dein Tag, hast du dich mit Hermes getroffen? O.: Wendet den Blick nicht von der Arbeit ab, klingt beschäftigt Ja, ja! Er sagt, ich müsse in zwei Wochen fertig sein. E.: Und das schaffst du? O.: Ja, bestimmt, ich schaffe das. E.: Ja, das denke ich auch, aber mach auch mal 'ne Pause, ich seh' dich so selten in letzter Zeit! Orpheus reagiert nicht, schreibt nur E.: ärgerlich Möchtest du mich nicht fragen, wie mein Tag war? O.: Doch, doch. E.: Und? O.: Was? Eurydike wirft ihm einen wütenden Blick zu und geht ab. O.: in Gedanken Timia könnte in einem Labyrinth gefangen sein und Kalós und Kakés, die noch immer lautstark streiten, leiten sie zu ihrem Ziel! Ja, das ist gut. Aber wie kommt sie in das Labyrinth hinein? Hat Oneiro sie vielleicht als Hinterhalt dort hineingeschickt? Oder war es ein Missverständnis? 3. Szene Eurydike und Persephone sitzen auf der Couch im Wohnzimmer E.: Orpheus ist so komisch in letzter Zeit! Er schreibt den ganzen Tag und interessiert sich gar nicht mehr für mich, er ist total anders, seit er an diesem neuen Manuskript arbeitet! Ich habe das Gefühl, er ist lieber an seinem Schreibtisch als mit mir zusammen! Was soll ich tun, Persephone? P.: Nun, seine Bücher sind ja auch gut, das kann man nicht leugnen, ich habe sie allen meinen Freunden empfohlen! Aber trotzdem solltest du an erster Stelle stehen! Er muss ja gar nicht mit dem Schreiben aufhören, er muss sich nur klar werden, dass du ihm wichtiger bist! Wie wäre es wenn du ihm sagst, er darf eine Woche lang nicht schreiben, sonst willst du nicht mehr mit ihm zusammen sein? Er muss ja nicht ganz mit dem Schreiben aufhören, aber er müsste bereit sein, es für dich zu tun. E.: nachdenklich Glaubst du, das ist eine gute Idee? Er muss dieses Manuskript in zwei Wochen abgeben, vielleicht ist danach ja wieder alles gut. P.: Glaub mir Eurydike, nach diesem Buch wird ein nächstes kommen und es kann nicht sein, dass eure Beziehung immer plötzlich an zweiter Stelle steht, wenn er gerade ein neues Buch beendet. Wenn er dich wirklich liebt, dann wird er dieses eine Mal für dich nachgeben. Wenn er sich jetzt für dich entscheidet, dann weißt du, dass er dir gehört. Aber wenn er sich für das Schreiben entscheidet, dann weißt du, dass du ihm nicht so wichtig bist, wie er dir. E.: Ja, da hast du recht, und es ist ja nicht so, als könnte er es sich nicht leisten, einmal dieses eine Buch nicht zu schreiben, aber ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist, ihn so zu erpressen. P.: Erpressen? Das ist keine Erpressung, er hat einmal die Chance im wahren Leben das Mädchen für sich zu gewinnen, indem er selbstos handelt, so wie er es in seinen Büchern immer beschreibt. Wenn er das nicht einmal hinbekommt, dann sind seine Bücher nichts weiter als auf Papier gedruckte Lügen. 4. Szene Orpheus am Schreibtisch, Eurydike sitzt auf der Couch und liest Zeitung E.: Ich habe mich heute mit Persephone getroffen. guckt über den Rand der Zeitung und beobachtet Orpheus O.: konzentriert auf seine Arbeit Und? Hat es wieder geregnet? zu sich selbst: Das wäre auch eine interessante Figur - immer, wenn sie auftritt, fängt es an zu regnen! E.: Äh, nein. sie legt die Zeitung beiseite Orpheus, du schaust mich nichtmal an, wenn ich dir was erzähle! O.: Es tut mir leid, aber dieses Manuskript muss in eineinhalb Wochen fertiggestellt sein und es schreibt sich nicht von selbst! Timia, wenn ich könnte - hält erschrocken inne und blickt auf E.: entsetzt Timia? Hast du mich gerade Timia genannt? Orpheus, ich glaube, es geht langsam zu weit! Weißt du was? Persephone hatte recht, anscheinend ist dir das Schreiben wirklich wichtiger als ich! O.: dreht sich zu ihr um Nein, ist es nicht, schau, Timia ist eine Prinzessin und sie ist dir so ähnlich, auch sie ist so lebensfroh und abenteuerlustig und - E.: Weißt du, Orpheus, das ist mir egal, ich will nicht noch irgendeine weitere Figur in einer Geschichte werden, ich möchte mit dir Zeit verbringen, in Echt, verstehst du? Aber anscheinend ist dir das nicht wichtig. O.: Doch, Eurydike, ist es, aber ich habe nun einmal diese Abgabefrist für das Manuskript und - , und - , E.: Und was? Orpheus du bist ein erfolgreicher Autor, das sehe ich ein! Es ist okay für mich, immer nur die Frau von Orpheus zu sei. Es ist okay für mich, wenn ich allein mit Persephone auf Konzerte gehe, weil du schreiben musst, aber ich möchte nicht die zweite Wahl sein! Ich möchte die wenige Zeit mit dir nutzen! Und weißt du, was Persephone vorgeschlagen hat? Ich mache mit dir eine Abmachung. Ich möchte, dass du eine Woche lang nicht schreibst. Ich möchte, dass du für eine Woche den Laptop zuklappst und den Stift beiseite legst. Wenn du es eine Woche lang schaffst, mich an erste Stelle zu setzten und das Schreiben zu lassen, dann werde ich danach nichts mehr darüber sagen. Ich werde dich machen lassen und mit dir über deine Texte reden und es genießen, die Frau des Schriftstellers zu sein. Aber wenn du es nicht schaffst, wenn du es nicht schaffst eine einzige Woche lang nicht zu schreiben - wenn du es doch tust - dann bin ich weg. Dann kannst du so viel schreiben wie du willst, dann bist du mich los und ich komme nicht wieder. O.: aber, Eurydike, du weißt, die Frist! Ich kann nicht! E.: Mir ist die Frist egal. Nimmst du den Deal an? Orpheus überlegt still und betrachtet wehleidig seinen Schreibtisch. Schließlich klappt er alles zu, setzt sich zu Eurydike auf die Couch und nimmt ihre Hand O.: Ja, okay. Für dich mache ich das. Aber es wird nicht leicht. E.: lächelt Danke! Gute Nacht! Sie geht ab O.: tritt nach vorn Das wird wahrlich nicht leicht hätte ich es ahnen sollen? ja, möglicherweise, vielleicht hätt' ich wissen müssen: Sie wird mehr wollen. Doch ohne Schreiben bin ich nichts, das weiß sie doch auch! Ich dachte, dass sie mich liebt, weil ich sie, und das Schreiben brauch er legt sich auf die Couch und schläft ein 5.Szene Orpheus auf der Couch, Eurydike tritt mit einem Frühstückstablett lächelnd ein. E.: Guten Morgen! Na mein Guter, du musstest mal wieder richtig Schlaf nachholen nach den langen Nächten am Schreibtisch, oder? O.: verdrießlich Ja, vielleicht, aber ich habe schlecht geträumt. E.: Von was? O.: Wovon? Ach, von nichts wichtigem, wie hast du denn geschlafen? E.: Auch nicht besonders, ohne dich, es war bestimmt schrecklich unbequem hier auf der Couch! Aber du warst sicher so müde, dass du es nichtmal ins Bett geschafft hast! ihr Handy klingelt Oh, das ist Persephone - will sicher wissen, wie es läuft sie nimmt den Anruf an und tritt zur Seite, um zu telephonieren. Orpheus tritt nach vorn an den Bühnenrand O.: Hätt' ich ihr sagen sollen, dass ich von Timia und Oneiro geträumt habe? Davon, mit ihnen auf hoher See zu sein? Hätt' ich erzählen sollen, dass ich in der Nacht aufgestanden bin und darüber nachgedacht habe, warum Kalós und Kakés schon wieder streiten könnten? Besser nicht, oder? Das Schreiben ist ein Teil von mir, sie alle sind es, wie kann sie es mir einfach verbieten? Aber verlieren will ich sie auch nicht. Ich will nicht, dass sie geht. Aber für diesen Preis will ich auch nicht, dass sie bleibt. Es ist doch aber nur eine Woche, oder? Das kann ich schaffen, oder? Timia würde Oneiro bestimmt nie befehlen, mit dem Segeln aufzuhören, schließlich ist das Er, oder? Wer wäre Oneiro, wenn er nicht segeln würde? Und wer wäre ich ohne das Schreiben? Stopp, ich will das für Eurydike machen. Eine Woche ohne Schreiben für die Frau die ich liebe, das schaffe ich doch, oder? 6.Szene Orpheus und Eurydike kommen durch die Tür herein, Eurydike klappt gerade den Regenschirm ein, Orpheus zieht den nassen Regenmantel aus. O.: genervt Was ist denn das für ein Wetter? Der Himmel hört ja gar nicht mehr auf, sein Bedauern kund zu tun. Wenn es so weiter geht, kann auch ich bald anfangen, über die Meere zu segeln. E.: Wen kennen wir denn wer segelt? O.: hastig Ach, niemanden, ich dachte nur, ich sollte vielleicht damit anfangen. E.: Siehst du wie gut es dir tut, nicht den ganzen Tag an diesem Tisch da zu sitzen deutet abwertend auf den Schreibtisch in der Ecke sondern auch mal die echte Welt zu sehen und etwas draußen zu machen? O.: stöhnt ja, vielleicht, aber ich sehe nicht, was an dieser nassen Welt dort draußen so schön sein soll. E.: Orpheus! Was sagst du denn da? Das ist Schwachsinn! Sieh, morgen gehen wir in den Zoo, da wird auch die Sonne scheinen und es wird wunderbar! O.: Wenn du meinst... Eurydike geht ab O.: Vier Tage waren es jetzt, die ich nicht mehr mit Oneiro und Timia verbracht habe. Kalós und Kakés sind sicher schon wieder in Streit ausgebrochen oder haben ihre Freundschaft nun ganz beendet. Oneiro ist mit Timia inzwischen von Bord und in das Labyrinth gegangen, aber ich bin mir nun nicht mehr sicher, ob sie dort je wieder hinaus finden. Hermes kommt schon in sechs Tagen! Ich werde es nicht mehr schaffen, das Manuskript fertig zu schreiben, wenn die Abmachung mit Eurydike vorbei ist. Ich habe ohnehin das Gefühl, dass sie wieder sauer seie, setzte ich mich wieder an das Manuskript. Sie hat zwar gesagt, sie würde danach nichts mehr darüber sagen, aber das kann ich mir noch nicht vorstellen. Sie scheint so glücklich! Hat sie nicht einmal gesagt, wenn ich glücklich bin, sei sie es auch? Nun, ich bin nicht glücklich. Orpheus geht ab 7.Szene Orpheus sitzt eingesunken allein auf dem Sofa O.: Vier Tage bis Hermes kommt. Sechs Tage bisher ohne Schreiben. Erst Regen, dann wilde Tiere hinter Gittern, dann einen Haufen Geld für das Kino ausgegeben. Ich kann das nicht mehr. In vier Tagen wird Hermes vor der Tür stehen und ich werde ihm sagen müssen, dass ich das Buch nicht fertig habe. Das war es mit meiner Schriftstellerkarriere. Aber ist es das wirklich wert? Ich habe schon so viel Zeit mit Eurydike verbracht. Mein halbes Leben war sie bei mir. Würde ich das für meinen Job aufgeben? Aber wenn sie mich wirklich liebte, müsste sie dann nicht verstehen, wie schwer das für mich ist? Was sie mir mit dieser Abmachung antut? Ich habe mich lang genug daran gehalten. Ich habe ihr meine Liebe in so hohem Maße bewiesen, wie ich es für noch keinen Menschen je getan hätte. steht entschlossen auf, geht dann vorsichtig zum Schreibtisch und blickt sich zu den Seiten um. Dann setzt er sich und klappt bedächtig sein Notizbuch auf O.: Wo war Oneiro? In dem Labyrinth? Ja! Und Timia, die Prinzessin war bei ihm. Kalós und Kakés sind am Ausgang und streiten. Eigentlich müssen Oneiro und Timia nur ihren Stimmen folgen, doch Oneiro zieht es wieder auf das Meer. Nun, wie könnte es weitergehen? schreibt mit seinem Stift zunächst zaghaft, dann immer aufgeregter in sein Notizbuch Er bemerkt nicht, wie hinter ihm die Tür aufgeht und Eurydike vorsichtig hereintritt Orpheus erschrikt als Eurydike zu sprechen beginnt E.: erbost Orpheus! Was machst du da? Es ist nur noch ein Tag! Und du hälst es nicht mal mehr aus, einen Tag für mich zu warten? Wie lange geht das schon? Wie oft hast du dich diese Woche schon heimlich an dein Buch gesetzt? O.: springt auf Zum ersten Mal gerade! Ich verspreche es dir! Ich habe mich die ganze Woche daran gehalten! Aber es ging einfach nicht mehr, verstehst du? ich konnte es nicht länger lassen! Das Schreiben gehört zu meinem Leben, genau wie du! Ich wünschte, ich könnte für dich mit dem Schreiben aufhören, aber es geht nicht, genauso wenig wie ich aufhören kann, dich zu lieben! E.: enttäuscht Anscheinend geht das ja doch. Es ist aus, Orpheus. Ich wollte nur diese eine Woche. Ich habe nichts weiter verlangt. Eine einzige Woche. Aber nicht einmal das hast du für mich geschafft. Ich gehe. Eurydike geht ab O.: ruft ihr hinterher Eurydike! Nein, bitte! Orpheus lässt sich traurig in seinen Schreibtischstuhl fallen. Nach einiger Zeit des Nachdenkens und Trübsalblasens (ruhig lange ausspielen), wendet er sich zurück zu seinem Schreibtisch und nimmt den Stift in die Hand. Er beginnt, weiterzuschreiben. 8.Szene Orpheus läuft mit dem fertigen Manuskript in der einen, und einer Kaffeetasse in der anderen Hand quer durch den Raum. Auf dem Couchtisch steht eine weitere Tasse und eine Kanne voll Kaffee. O.: Ob es ihm gefallen wird? Ich habe die letzten vier Tage und Nächte mit Schreiben verbracht. Ein Kaffee nach dem anderen hat mich wachgehalten. Zweierlei Gründe haben mich angetrieben, die Abgabefrist für das Manuskript, und die Trauer über Eurydike. Ich habe mich vom Schlafen abgehalten, und damit vom Träumen. Leider hat es nicht ganz funktioniert, sich von Eurydike abzulenken, indem man ein Buch schreibt, in dem Timia eine Hauptfigur ist. Es war wahrlich nicht leicht. schaut gereizt auf die Uhr und hält inne in seinem unruhigen Hin-und-her-Laufen O.: Er kann jede Minute kommen. Wenn es mir nicht gelungen ist, war alles umsonst. Die schlaflosen Nächte, die Trennung von Eurydike, nichts hätte einen Sinn. Ich hätt verloren all' den Sinn, In dem was ich tat und tu den ganzen Tag, wenn er sagt, dass er nicht mag, was ich gemacht und was ich bin. Nichts hätt' sich gelohnt, Nichts hätt' noch einen Wert, Ich hätt nichts gelernt, ich würd' nicht verschont. Doch wenn es gut geworden ist, dann hab' ich meinen Wert erkannt. Dass ich's geschafft hab in der Frist, Wofür ich bin schon bekannt. es klingelt an der Tür Orpheus geht hastig und aufgeregt zur Tür Eurydike tritt auf O.: Eurydike! Was machst du hier? Hast du es dir überlegt? Kann ich dir einen Kaffee anbieten? hält ihr verwirrt die eigene Kaffeetasse hin E.: äh, nein, danke. Ich bin nur hier, um meine Sachen abzuholen. Ich habe ja nichts mitgenommen, aber ich brauche meine Anziehsachen und Gegenstände, die mir gehören. Persephone hat mich hergebracht, sie sucht noch einen Parkplatz. Bitte mach' kein Drama draus, aber du bist wahrscheinlich sowieso zu beschäftigt. Wir sind bald wieder weg. O.: Nein, bleib doch! Siehst du, Hermes kommt nachher und wir könnten uns doch alle zusammensetzen! Ich könnte noch schnell einen Kuchen backen oder wir bestellen etwas! Eurydike, bitte! Siehst du, es war doch nur dieses eine Mal, dass ich mich an den Schreibtisch gesetzt habe! Ich habe die letzten Tage gar nicht mehr geschlafen, ich musste die ganze Zeit an dich denken! E.: Ja, vielleicht solltest du etwas weniger Kaffee trinken. Mach' einfach einen ganz normalen Tag, triff dich mit Hermes, du wirst uns gar nicht bemerken und wir sind dann auch bald wieder verschwunden. O.: Nein Eurydike! Bitte bleib doch zum Kaffeetrinken, ich kann auch Tee machen! E.: Ja, das glaube ich dir, aber ich will nichts danke. Persephone tritt durch die noch offene Tür herein P.: Hallo, Orpheus. Eurydike, mach du dich doch ans Schlafzimmer, ich sammle inzwischen deine Sachen hier im Wohnzimmer ein. Sie bedenkt Orpheus mit einem vernichtenden Blick O.: Ach, Ich kann dir auch im Schlafzimmer helfen, da liegen unsere Sachen doch ganz durcheinander, du brauchst bestimmt Hilfe! P.: Ich denke das ist nicht so angebracht, oder, Orpheus? E.: Nein, danke, ich habe lange genug hier gelebt. Ich kenne mich aus. Sie geht ab in Richtung Schlafzimmer 9.Szene die Vorigen ohne Eurydike P.: So, und du veröffentlichst bald ein neues Buch? O.: Ja, das ist mein Job. P.: Du weißt, dass du ihr damit das Herz gebrochen hast? O.: Sie ist diejenige, die die Abmachung schließen wollte. Und dann gegangen ist. P.: Vielleicht solltest du dich fragen, warum sie das wollte. Wenn du sie wirklich lieben würdest, hättest du es geschafft diesem Hobby mal eine Woche nicht nachzugehen . O.: Das ist mein Job, meine Bestimmung, wenn sie mich wirklich lieben würde, würde sie das verstehen. Ohne Schreiben bin ich nicht ich. Wenn sie mich nicht liebt, wenn ich schreibe- P.: Vielleicht tut die Trennung euch beiden gut. O.: Das glaube ich nicht. Ich liebe sie und es zerreißt mich, dass sie geht. Aber wenn mit ihr zusammen zu sein bedeutet, dass ich nicht mehr schreiben kann, dann hast du recht, ja. Hermes tritt durch die (noch immer) offene Tür herein. H.: Klopf klopf? Orpheus, ich weiß, als Schriftsteller bist du ein Freigeist, aber die Tür offen zu lassen ist wirklich gefährlich, stell dir vor- Oh, du hast Besuch. bleibt im Eingangsbereich stehen Orpheus eilt zur Tür um sie hinter Hermes zu schließen O.: Ja, ich weiß, ich bin durcheinander, habe ein paar Nächte nicht geschlafen. Setz' dich doch, kann ich dir einen Tee anbieten? Das ist Persephone. zu Persephone: Persephone, Hermes. P.: zu Hermes: Guten Tag, beachten Sie mich gar nicht. Ich bin bald weg. H.: schaut sie verwirrt an, dann zu Orpheus: Äh, gut, Kaffee wäre gut, ja, wie geht es denn mit dem Manuskript, ist es fertig? O.: Ja, bittesehr. reicht ihm das Manuskript, reicht ihm dann eine Tasse und gießt ihm Kaffe aus der Kanne ein Hermes schlägt das Manuskript auf und überfliegt die erste Seite Persephone sammelt Gegenstände ein und schaut dabei Hermes über die Schulter in das Manuskript O.: Persephone? Das ist noch nicht für fremde Augen bestimmt, du kannst es dir gern im Laden kaufen, wenn es erscheint. P.: Was? Ich, äh, Ich wollte nur sehen, diese Tasse sie deutet auf Hermes' Kaffeetasse die gehört Eurydike. O.: Ah, das tut mir leid, die kann ich dir gerade nicht geben. Ich werde sie Eurydike bringen, sobald ich sie abgewaschen habe. Es wäre trotzdem nett, wenn du dich ein Stück aus der Lesenähe des Manuskriptes entfernen würdest, dort hinter der Couch liegen bestimmt keine Gegenstände von ihr. H.: Ja, Junge Dame, ein frisches Manuskript ist so geheim zu halten wie ein Tagebuch, jedoch ist Orpheus sicher von ihrem Interesse an seinem neuen Buch geschmeichelt. Ich habe jetzt so oft etwas über Eurydike gehört, Orpheus, was ist denn- Eurydike tritt herein E.: Hermes! Es ist schön, dich wieder zu sehen! Hermes steht auf und begrüßt sie mit einer Umarmung E.: Ich wusste doch, ich habe deine Stimme gehört. H.: Ja, ich habe noch nicht viel gelesen, aber deine Freundin zeigt offenbar schon großes Interesse an dem neuen Buch lächelt Persephone an E.: Ja, wir sind alle gespannt auf dieses große Werk. schaut Orpheus verdrießlich an Hermes schaut zwischen den Anwesenden hin und her und ist sichtlich verunsichert H.: Orpheus, wie ist es denn nun aus gegangen, die Geschichte mit Timia und Oneiro und dem Labyrinth? Orpheus spricht zu Hermes, sieht aber Eurydike in die Augen beim Sprechen O.: Nun, Oneiro hatte Timia ja schon vom Schiff aus gesehen und ist ihretwegen sogar an Land gegangen, obwohl er es verabscheut nicht auf See zu sein. Dann hat sie ihn in ein Labyrinth geführt und sie haben sich verlaufen. Oneiro wollte sie einfach wieder den Weg, den sie gekommen waren, aus dem Irrgarten herausführen und stattdessen mit ihr gemeinsam in See stechen, doch Timia wollte unbedingt den anderen Ausgang finden und ist in die andere Richtung gegangen. Oneiro hatte eigentlich vorgehabt, die Küste entlang zu segeln, bis er den anderen Ausgang des Labyrinths sehen konnte, aus dem Timie irgendwann kommen würde, doch er hat sie nie wiedergesehen. Nun ja, noch nicht. Es ist ein offenes Ende und ich halte mir die Option offen, einen zweiten Teil zu schreiben. H.: schaut bedeutungsvoll zu Orpheus und Eurydike Und bist du zufrieden damit, Orpheus? Glaubst du denn, es bedarf noch einer Fortsetzung? O.: schaut immernoch starr zu Eurydike Ich denke dafür müsste ich wissen, ob Timia, sollte er sie wiedertreffen, bereit wäre, mit an Bord zu kommen. -Vorhang-
1 Kommentar
Das Synonym
7/1/2016 02:02:10 am
Sehr schönes Stück! Würde es gerne auf einer Bühne sehen!
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April 2017
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